Projekthintergrund

Anlass und Ausgangssituation

In der aktuellen Diskussion um den Klimawandel steht der menschliche Einfluss auf den globalen Treibhauseffekt im Fokus. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist als Hauptursache der globalen Erwärmung das Treibhausgas (THG) Kohlendioxid (CO2) eindeutig identifiziert, das vor allem durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Erdöl in die Atmosphäre gelangt. Um die befürchteten Klimawandelfolgen zu verhindern, sind die THG-Emissionen weltweit in allen Wirtschaftbereichen bis zum Jahr 2050 um 50 bis 85 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 2000 zu reduzieren [IPCC07]. Der Verkehrsektor ist nach der Energieerzeugung einer der größten Emittenten. Weltweit beträgt sein Anteil etwa 13 Prozent und in der Europäischen Union sogar 23 Prozent - mit einem enormen absoluten Anstieg seit 1990 um ca. 26 Prozent (Abbildung 1) [EEA08].

 projekthintergrund

 Abbildung 1: Entwicklung und Anteile der CO2-Emissionen einzelner Wirtschaftssektoren in den EU-27 (1990-2007) (Quelle: [EUK10, S. 200 f.], nachbearbeitet)


Seit 2005 sind Anlagen der Energieerzeuger und weiterer energieintensiver Industriezweige  in das Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU-ETS) eingebunden. Nach der Ausweitung des EU-ETS auf den zivilen Luftverkehr im Jahr 2012 steht eine Integration von weiteren Verkehrsbereichen, zunächst der internationalen Seeschifffahrt und später auch des Straßengüterverkehrs, bevor. Das Europäische Parlament forderte bereits 2008 die EU-Kommission auf, einen Aufnahmetermin für den Straßengüterverkehr spätestens 2013 bekanntzugeben [EUP08].

 

Problem- und Zielstellung

Die Unternehmensstrukturen der verschiedenen Wirtschaftssektoren unterscheiden sich so grundlegend voneinander, dass eine sektorspezifische Ausgestaltung von klimapolitischen Instrumenten - ob Abgabenmodelle oder ein Emissionszertifikatehandel - geboten ist. Zum Beispiel haben 96 Prozent der Logistikdienstleister im gewerblichen Straßengüterverkehr nur bis zu 50 Mitarbeiter; 82 Prozent der Unternehmen verfügen nur über maximal 10 Lkw. Im Vergleich dazu nehmen derzeit europaweit nur etwa 11.000 Industrieanlagen [EUK09, S. 13] und ab 2012 zusätzlich 200 Fluggesellschaften [BMU11] am EU-ETS teil, was jedoch schon einen enormen Verwaltungsaufwand erfordert und zu ersten Betrugsfällen beim Handel mit Emissionszertifikaten geführt hat (z. B. haben sog. Umsatzsteuerkarusselle einen finanziellen Schaden von ca. 850 Mio. Euro in den öffentlichen Kassen verursacht).
Den stark mittelständisch geprägten Transportsektor mit insgesamt rund 50.000 gewerblichen Dienstleistern allein in Deutschland in ein klimapolitisches Instrument zu integrieren, ist daher eine anspruchsvolle Aufgabe sowohl für staatliche Planer als auch für die Verantwortlichen in den Unternehmen. Beispielsweise stellt die verursachungsgerechte Zuordnung der erfassten THG-Emissionen auf verschiedene Kunden, insbesondere bei Sammelladungsverkehren, selbst in der Theorie ein noch ein ungelöstes Problem dar. Von KMU kann nicht erwartet werden, dass diese in ihrem häufig hektischen Alltag zusätzlich mit aufwändigen Erfassungs- und Verwaltungsaufgaben belastet werden. Hierfür müssen daher im Vorfeld der Einführung praktikable Lösungen gefunden werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der KMU im Vergleich zu den mit Personal und Know-how besser ausgerüsteten Großunternehmen nicht zu verschlechtern.


Quellenangaben:

[BMU11] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Bundeskabinett beschließt Neuregelung des Emissionshandels. EU-Emissionshandels-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Pressemitteilung vom 16.02.2011 
[EUK09] Europäische Kommission: EU-Maßnahmen gegen den Klimawandel. Das Emissionshandelssystem der EU. Brüssel, 2009
[EUK10] Europäische Kommission (Hrsg.): EU energy and transport in figures. Statistical Pocketbook. Luxemburg, 2010
[EUP08]  Europäisches Parlament: EU Emission Trading Scheme: use permit revenues to fund climate change protection, says Environemt Committee. Pressemitteilung vom 07.10.2008 
[EEA08]  European Environment Agency, November 2008 
[IPCC07]  Intergovernmental Panel on Climate Change (Hrsg.): Climate Change 2007. Synthesis Report. Summary for Policymakers. 2007 

Letzte Änderung: 08.08.2011 - Ansprechpartner: Webmaster